7. Kongress der Gesellschaft für Analytische Philosophie (GAP), 14. bis 17. September 2009 | Bremen, Deutschland
Es ist möglich einen Tisch wahrzunehmen, ohne dass es deshalb einen Tisch zu geben braucht, aber es ist nicht möglich die Zeit wahrzunehmen, ohne dass es die Zeit gibt. Der erste Teil der vorangegangenen Aussage scheint völlig unproblematisch. Skeptiker aller Zeiten haben sich bemüht Argumente vorzulegen, deren Ziel es war, zu beweisen, dass die Wahrnehmung irrtumsanfällig ist. Diese Argumente sind dermaßen gewichtig, dass keine erkenntnistheoretische Überlegung sie außer Acht lassen kann. Der zweite Teil der obigen Aussage ist weitaus weniger offensichtlich. Ganz im Gegenteil könnte man sagen, dass die Behauptung, die Wahrnehmung der Zeit impliziere die Realität der Zeit, der These der Irrtumsanfälligkeit der Wahrnehmung direkt entgegensteht. Die Behauptung, dass die Wahrnehmung der Zeit ihre Realität impliziert, bedarf einer gut fundierten Begründung. Die Frage ist also, warum man im speziellen Fall der Zeit von der Wahrnehmung zum Gegenstand kommen kann, in anderen Fällen aber nicht. Die Antwort ist in der Besonderheit der Zeitwahrnehmung zu suchen und zu finden.
Das Argument, das von der Wahrnehmung im Allgemeinen ausgeht und schließlich zur Realität der Zeit gelangt, ist denkbar einfach; es kann folgendermaßen kurz skizziert werden. Das Argument steht und fällt mit einer einzigen Annahme, nämlich, dass Veränderung unmöglich wäre, wenn es keine Zeit gäbe. Veränderung kann nur in der Zeit vor sich gehen, d. h. eine instantane Veränderung wäre eine Unmöglichkeit. Der nächste Schritt besteht darin festzustellen, dass man Veränderungen wahrnimmt. Der Punkt dabei ist, dass es völlig gleichgültig ist, wo diese Veränderungen stattfinden. Ob es sich also "nur" um Veränderungen in der Wahrnehmung handelt, oder ob sich tatsächlich etwas außerhalb des Bewusstseins verändert, das wahrgenommen wird, spielt überhaupt keine Rolle. Zu meiner Wahrnehmung habe ich einen privilegierten Zugang. Wenn ich also Veränderung wahrnehme, dann verändert sich irgendetwas – sei es im Bewusstsein, sei es außerhalb des Bewusstseins. Die wahrgenommene Veränderung ist eine Veränderung. Eben wurde festgestellt, dass eine Veränderung nur dann vor sich gehen kann, wenn es Zeit gibt. Mit diesem letzten Schritt komme ich auch schon zur Konklusion, nämlich, dass es eine, wie auch immer geartete, Zeit geben muss.
Ein Argument für die Realität der Zeit (PDF)